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Etappe 95 - Quintanilla del Monte en Rioja nach Ages

Autorenbild: Simon ExenbergerSimon Exenberger

Heute endlich wieder einmal gut geschlafen, gut erholt - sogar die Sportuhr bezeugt: 95% Schlafqualität, fast 9 Stunden lang. Sowas hört man gerne, wenn die letzten, wie auch der bevorstehende Pilgertag eine Distanz von weit über 30 Kilometern vorsieht.


Die „Mama de la Casa“ serviert uns das Frühstück bereits um 07.15, wofür wir dankbar sind. Danach verlassen wir das, weitgehend baufällige Dorf wieder und gehen die etwa 1,5km zurück zur Wegführung des Camino. Nachts hat es wieder geregnet und frühmorgens ist es so kalt und windig, dass ich sogar die Handschuhe anziehe. Wofür sonst hätte ich sie denn mitgebracht?

Die erste Stunde zwischen Villamayor bis Belorado gestaltet sich so, wie wir es von gestern zur Genüge gewohnt sind. Parallel zu unserer Schotterpiste liegt eine Landstraße, über die der Schwerverkehr dahinbrettert.

Beim Ortseingang von Belorado steht eine große Pilgerherberge, an deren Eingang allerlei Flaggen verschiedenster Länder wehen. Belgien, Kanada, Neuseeland und Israel sind dabei - Österreich suchen wir vergeblich.


Die Tore der Ortskirche stehen weit offen und ich trete ein, so wie ich es eben meist tue. Die Innenräume der spanischen Kirchen gestalten sich bislang, wie beschrieben, sehr ähnlich. Immerhin ist dieses Gotteshaus ein wenig heller und der Holzboden sorgt für ein wenig Wärme in dem sonst eher kahlen Raum.

Auffällig in Belorado sind die künstlerischen Graffitis mit der viele Hauswände geschmückt sind. Wir erfahren nichts Näheres darüber, gehen aber davon aus, dass der Künstler aus dem Ort oder zumindest aus der Gegend stammen dürfte.

Bevor wir Belorado verlassen erkundigen wir uns nach einem Bankomat und heben Bargeld ab. Der Wegführer rät dazu, da die restliche Strecke bis Burgos durch sehr ländliche Gegenden verläuft.


Während des Gehens kommen Jakob und ich in ein Gespräch über das Aussteigerleben mancher Menschen und fragen uns kritisch, wie deren selbstgewählte, vermeintliche Freiheit mit dieser Welt zu vereinbaren ist.


Im Verlauf des Vormittags passieren wir einige kleine Ortschaften, sind auf den Wegstrecken dazwischen aber meist einsam unterwegs.

Es ist nachvollziehbar, dass man die Wege bei einem derartigen Pilgerstrom („Touristenandrang“?) gut markieren muss. Im Vergleich zu den alten Wegsteinen oder den bunten Wegweisern an dieser Hauswand sind die neuen Schilder allerdings mit wenig ästhetischem Feinsinn gestaltet worden.

Zur Mittagsstunde erreichen wir Villafranca Montes de Oca. Die eigentlich nette Ortschaft wird von der gleichen Landstraße durchschnitten, der wir nun schon einige Zeit mehr oder weniger folgen. Die Lastwagen donnern wie riesige Fremdkörper durch das Dorf, während die Pilger sich den Hauswänden entlang zur Seite flüchten. Wir sind froh über einen kleinen Supermercado und decken uns mit Snacks für den Tag ein.


Bei der Kirche biegt der Weg ab und führt steil bergauf. Jakob und ich haben uns hier wieder getrennt und nach wenigen Minuten stelle ich fest: die Höhenmeter, die nun zu erklimmen sind, nehme ich gerne in Kauf, führen sie doch von der lauten Durchzugsstraße weg. Bald wandere ich durch einen lichten Wald und mir fällt auf, dass die Vegetation hier entweder hinterher ist, oder von einem Waldbrand stark geschädigt wurde. Der grüne Waldboden und die kahlen Äste und Zweige bilden jedenfalls einen ungewohnten Kontrast.

Der Camino führt nun über den 1.150 Meter hohen Puerto de la Pedraja und dann auf einer langen Schotterstraße dem Montes de Oca entlang. In dem Forstgebiet riecht es nach frisch ausgelichtetem Nadelwald - ein angenehmer Geruch. Ich komme kurz darauf bei Waldarbeitern vorbei, die einen großen Pick-up beim Versuch umzukehren, erfolgreich im Straßengraben festgefahren haben. Aus Anstand in Anbetracht der misslichen Lage ohne Aussicht auf rasche Rettung verzichte ich auf ein Foto.


Stattdessen treffe ich auf den folgenden Kilometern Monika aus dem Norden Polens und wir führen ein lebhaftes Gespräch, das uns die Zeit auf dem eintönigen, aber erfreulicherweise ruhigen Abschnitt verkürzt. Sie ist noch nie viel gewandert, kommt aber mit dem Camino bisher gut zurecht.

Gegenüber vom Kloster in San Juan de Ortega treffe ich auf Jakob, der sich bei einer gut besuchten, kleinen Pilgerherberge zum Kaffee niedergelassen hat.

Der Platz vor dem Kloster aus dem 12. Jahrhundert liegt im Windschatten der angrenzenden Pilgerherberge und gerade in der Sonne. Wir entscheiden uns kurzfristig, hier ein kleines Bier zu trinken. Als ich die Getränke an der Bar bestelle, höre ich in einem Gespräch mit, was sich bei der Unterkunftssuche bereits abgezeichnet hat: Für jene, die ohne Reservierung ankommen, gibt es hier kaum noch Möglichkeiten zu übernachten.

So geht es auch Marie, die wir auf dem Weg zu unserem Etappenziel in Ages kennenlernen. Die junge Deutsche musste weiterziehen, da bereits alle Herbergen in San Juan de Ortega belegt sind. Wir wünschen ihr bei ihrer Suche alles Gute und steigen zu der, in der Nachmittagssonne liegenden Ortschaft ab.

Wir haben hier die scheinbar letzten verfügbaren Betten in einem geteilten Schlafraum reserviert und wissen nach der Ankunft auch bald, warum wir diese großen Hostels bisher gemieden haben. Hier nächtigen einfach zu viele unterschiedliche Menschen mit verschiedensten Bedürfnissen auf engstem Raum: das muss einfach nicht sein, finde ich.

Ages hat einen dörflichen, aber im Gegensatz zu den letzten Siedlungen gepflegten Charakter. Wir essen in einem netten kleinen Lokal gut zu Abend und begeben uns nun in die Stockbetten der Herberge, wo gegen 20.30 bereits Bettruhe herrscht. Morgen werden wir in Burgos eintreffen!






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