top of page

Etappe 87 - Saint-Jean-Pied-de-Port nach Roncesvalles (FRA - ESP)

Autorenbild: Simon ExenbergerSimon Exenberger

EDIT: Ich ärgere mich sehr, dass aufgrund eines technischen Problems der Transfer der Bilder von der Kamera zum Handy fehlgeschlagen ist. Sie werden nachgereicht.


Ich habe das Gefühl, in diesen geplant letzten Abschnitt meines großen Herzensprojekts hineinzustolpern. Wenn ich darüber nachdenke, liegt das vermutlich an zwei Umständen: Einerseits war ich in den letzten Tagen ziemlich intensiv mit Arbeitsaufgaben beschäftigt und andererseits ist der heutige Tag, der Beginn der Wiederaufnahme meiner Pilgerreise schneller und unvorbereiteter gekommen als gedacht.


Wir, mein bester Freund Jakob und ich, sind gestern frühmorgens müde in einen Flieger nach Paris und nach langer Wartezeit zum Anschlusstransfer nach Biarritz Airport aufgebrochen. Dort angekommen wurden wir von einer freundlichen Dänin angesprochen, ob wir nicht den Weg nach Saint-Jean-Pied-de-Port in einem Gemeinschaftstaxi fahren wollen. Da diese Möglichkeit unsere Reisezeit deutlich verkürzt sind wir gerne dabei. Beim Anflug auf Biarritz haben wir bereits gemerkt, dass nasses und kühles Wetter auf uns warten wird.


Wir steigen aus dem Taxi und orientieren uns ortkenntlich flott zu einem Restaurant, das wir vom letzten Aufenthalt im Septemter 2023 noch kennen. Nach dem obligatorischen, aber überteuerten Ankunftsbier und einer soliden Pizza später gehen wir den Weg zu unserer reservierten Unterkunft etwas außerhalb der schmucken Stadt. Auf dem Weg dorthin blinzelt die Abendsonne auf die bekannte Brücke vor der alten Pilgergasse.

In der Unterkunft empfängt uns ein sehr herzliches Ehepaar. Mit der untergehenden Sonne legen wir uns ins Bett und von den Vögeln und dem ersten Tageslicht werden wir geweckt. Das fühlt sich sehr richtig und nach über 8 Stunden Schlaf erholsam an.


Bei einem guten Frühstück treffen wir auf 3 Amerikanerinnen und ein oberösterreichisches Pärchen, die uns mit der Bemerkung „Ah, unsrige!“ anspricht.


In Saint-Jean-de-Pied-de-Port, was direkt übersetzt soviel heißt wie „Heiliger Johannes mit dem Fuß in der Pforte“, holen wir uns noch im „Pilgrims Office“ einen Stempel für den Pilgerpass und verlassen die Stadt über die bereits bekannte Brücke und das „Spanische Tor“ gegen 9 Uhr.


Unmittelbar nach dem Stadttor führt uns der Weg steil bergauf und wir verstauen bald die Regenjacke im Rucksack. Schon auf den ersten Kilometern treffen wir auf einige Pilger, die sich bereits hier mit dem Anstieg schwer tun. Wir sprechen über unvorbereitete Bergtouren so mancher Leute, über den speziellen Fall am Großglockner im letzten Jahr und über die fehlende Wertschätzung und Ernsthaftigkeit dem solidarisch und helfend ausgerichteten Bergrettungsdienst gegenüber.


Platzhalter Bild Rückblick Gräser


Schon bald befinden wir uns in einer steilen Rampe des Asphaltweges zwischen Weiden und vereinzelten Häusern. Wir überholen einige schnaufende Pilger und auch das oberösterreichische Paar, das wir beim Frühstück kennen gelernt haben.


Hinter dem Weiler Huntto biegt der steile Weg vom Asphalt in einen Feldweg ein und eine große Hinweistafel zeigt an, ob der Weg über den Pass, die Route de Napoleon, geöffnet oder geschlossen ist.


Platzhalter Bild Schild/Weg


Ungeübte Radfahrer auf modernen E-Mountainbikes überholen uns und wir halten nach der steilen Rampe für eine erste kurze Trinkpause. Danach flacht der Weg ab und wir passieren eine große Gruppe von Mountainbikern auf einer Anhöhe.


Platzhalter Bild MTB Gruppe Berg


Im Anschluss steigt der schmale Asphaltweg stetig an, während wir zunehmend in Nebel- bzw. Wolkenschwaden geraten und sich die Sicht auf wenige Meter reduziert. Sobald sich der Dunst ein wenig lichtet, sehen wir eine Kette von Pilgern - in einer Anzahl, wir ich sie bisher auf diesem langen Weg noch nie gesehen habe.


Platzhalter Pilger Straße


Der prognostizierte Regenschauer kommt zwar nicht auf, doch die Feuchtigkeit inmitten der Wolken ist spürbar. Die meisten anderen Wanderer haben bereits ihren teils übergroßen Poncho übergeworfen. Wir halten ein flottes Tempo, um nicht auszukühlen, müssen hinter einer Bergkuppe aber doch die Regenjacken anziehen, weil uns nun zudem ein kalter Wind entgegenbläst. In Erinnerung bleibt mir eine Pilgergruppe, in der Großmutter, Mutter und Tochter gemeinsam unterwegs sind.


Mitten in den trüben Wolkenbänken taucht plötzlich ein Food Truck auf, der Brot, Käse, Eier, Bananen und Getränke anbietet. Nachdem es weit und breit sonst nichts gibt, machen die meisten - wie auch wir - hier kurz halt.


Der Weg zweigt bei einem Steinkreuz von der Asphaltstraße ab und führt nun über einen zum teil sehr gatschigen Steig in eine unbekannte Richtung. Einige Minuten später sehen wir tatsächlich erste kleine Schneereste der Wetterkapriolen der letzten Tage.


Platzhalter Bild Steinkreuz


Platzhalter Bild Schnee/Stein


Wir haben das Gefühl, den höchsten Punkt des heutigen Tages bereits überschritten zu haben, irren aber. Ohne jegliche Geländereferenz nach außen gehen wir einen teils tief gatschigen Weg entlang während rechts von uns plötzlich gespenstisch anmutende Bäume auftauchen. Es ist ein komisches Bild, gleichzeitig die frischen Triebe der Bäume und den übriggebliebenen Schnee zu sehen.


Platzhalter Bild Bäume/Schnee


Wir lassen den schmucklosen Rolandbrunnen hinter uns und haben unbemerkterweise bereits die Grenze nach Spanien überquert, als wir nun endlich auf etwa 1400m den höchsten Punkt der Etappe erreichen. Hier finden wir keinen Grenzstein oder ähnliches sondern einen kleinen Schneemann.


Platzhalter Bild Schneemann


Im Abstieg vom „Col de Lepoeder“ nimmt die Temperatur und die Vegetation rasch zu. Auf rutschigen Wegen sind die meisten anderen Pilger ziemlich beschäftigt, doch wir genießen das frische Grün der Buchenmischwälder.


Platzhalter Bild Buchenwald


Gegen 15 Uhr erreichen wir unseren heutigen Zielort Roncesvalles und die imposante Abtei. Die große Anlage dient seit jeher der Zuflucht von Pilgern. Wir besuchen die Anlaufstelle für Pilger und finden uns bald in einem Gang wieder, indem zumindest 100 Menschen für ihren Platz in der Herberge Schlange stehen. Pilgerstempel ins Hefterl - und fort von hier, ist unsere instinktive Reaktion.


Platzhalter Bild Innenhof


Es ist schon beeindruckend, wie viele Menschen trotz des widrigen Wetters diesen Weg auf sich nehmen. Unsere grobe Schätzung wäre, dass etwa 300 Personen den Weg von Saint-Jean-Pied-de-Port hierher heute gegangen sind. Darunter dürfen etwa jeweils ein Drittel Europäer, Amerikaner und Asiaten sein. Wie die Menschen der anderen Kontinente auf diese Idee kommen, werden wir hoffentlich noch herausfinden.


Platzhalter Bild Abtei 2x


Wir beziehen unser Zimmer im historisch gut restaurierten Hotel Roncesvalles, gehen eine Runde durch die weitläufige Anlage und lassen uns dann im Restaurant zu einem guten Essen mit üppigen Portionen nieder.


Als wir kurz vor die Türe treten wollen, werden wir schell der Zechprelle verdächtigt - eine kleine Anekdote eines sonst sehr lustigen Abends.


Nach dem Abendessen besuchen wir die Kirche der Abtei, wo wenig später die Pilgermesse beginnt. Ich bin am heutigen Abend froh, dass mein Körper die Strapazen des doch intensiven und langen Anstiegs gut durchgehalten hat, fühle mich nun bereits „angekommen“ in meinem Herzensprojekt und freue mich sehr auf die kommenden Tage.


Buenas Noches!


60 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


© 2023 by NOMAD ON THE ROAD. Proudly created with Wix.com

bottom of page