Gut und gerne hätte ich heute Früh noch zwei weitere Stunden im Bett verbringen können. Ich denke, es ist nicht nur das frühe Aufstehen sondern auch die generell aufgestaute Müdigkeit des Körpers nach mehr als zwei Wochen Dauerbelastung.
Als begeisterte Frühstückerfreunde ist das große Buffet der hochklassigen Hotellerie ein Genuss. Ein typisches „petit dejeuner“ besteht vergleichsweise aus einem großen schwarzen Kaffee (aus einer Müslischüssel), einer kleinen Butter, etwas Marmelade und dem Baguette des Vortags, das häufig in den Kaffee eingetunkt wird.
Wir besorgen uns einen Halbring Weißbrot um den gestern gekauften Proviant zu vervollständigen, verlegen wieder auf die Südseite des Lot und beginnen mit der Tagesetappe.
Immer geringer wird der Unterschied zwischen dem Tal und der Hochebene, doch auch 150 Höhenmeter bringen uns bei der feucht-schwülen Luft ins Schwitzen. Das Landschaftsbild oben ist nun bereits bekannt.

Riesige Weiden mit vielen Pferden liegen auf beiden Seiten des Weges, der sich heute oft mit Asphaltstraßen deckt. Trinkpausen wie diese sind nun in immer kürzeren Abständen notwendig.

Die Ortschaft Faycelles liegt malerisch an einer Geländekante. Der bienenfreundliche Borretsch blüht bereits - wie viele andere Pflanzen.


Die Wiesen sind zum Teil gerade frisch gemäht und verbreiten einen aus Kindheitstagen vertrauten Duft, der ein wohliges Gefühl und Urlaubsgedanken in mir auslöst. Ich danke meinen Eltern dafür, dass sie, sooft es möglich war, mit mir und meinen Geschwistern an der frischen Luft waren.

Die durchwanderte Landschaft beginnt nun zunehmend karger zu werden. Wir lesen bei Hartmut Engel nach und erfahren, dass wir das Kalkplateau von Quercy betreten. Die Gegend ist geologisch uralt, geht auf das Jura vor etwa 150 Millionen Jahren zurück, als sich im „Ur-Atlantik“ Kalksedimente absetzten. Dieser urzeitliche Meeresboden liegt heute frei, wurde über viele Jahrtausende “abgeschliffen“ und ist heute der rötliche Boden, auf dem wir gehen. Die Zeiträume, um die es bei derlei geologischen Entwicklungen geht, sind einfach unbegreiflich für mich.
Verständlicher ist mir dagegen die Notwendigkeit der Hirten, die einen Platz zum Schlafen in der Nähe der Herden gesucht haben. Da die karge Landschaft kaum zum Ackerbau taugt, werden hier vor allem Schafherden (von denen wir heute wenig sehen) gehalten. Als Übernachtungsmöglichkeit entstanden in der Gegend sogenannte „Cazelle“, runde Steinbauten, in denen die Hirten sich vor Wind und Wetter schützen konnten.

Die mageren Böden und kargen Wälder erhalten durch Steinmauern, die häufig mit Moos bewachsen sind, einen gewissen Reiz. Ein Bauernhof, an dem wir vorbeikommen, ist ein gutes Beispiel dafür.


Die Hitze (mittlerweile hat es über 30 Grad) hat uns erschöpft. Dementsprechend willkommen ist uns die Mittagspause bei Grealou, die wir im Schatten verbringen. Heute gibt es salamiartige Hartwurst, frischen Ziegenkäse aus der Epicerie, das zuvor erwähnte Baguette und zum Abschluss einen Mars-Eisriegel.
Beim Verlassen des Rastplatzes werden wir von zwei Pilgern auf Österreichisch darauf aufmerksam gemacht, dass wir in die falsche Richtung gehen. Roland und Karin aus Oberösterreich verwickeln uns in ein Gespräch und es fühlt sich ehrlich gut an, hier im nirgendwo jemanden „von daheim“ zu treffen und ein bisschen zu quatschen.

Nach der Pause spüren wir den Druck der Sonne ziemlich deutlich. Insbesondere die letzte Stunde auf Kiespisten zieht sich ziemlich dahin.



Nahe eines großen Felsvorsprunges mit hervortretendem Wasser, das ich leider fotographisch nicht festgehalten habe, kommt endlich unser Zielort Cajarc in Sichtweite.

Eigentlich waren wir recht gespannt darauf, die Nacht in einem zuvor gebuchten Baumhaus zu verbringen, doch da ging irgendetwas zwischen Google Translate und den sms-Nachrichten schief. Das Zimmer, das uns stattdessen gerichtet wurde, ist ebenfalls sehr fein und das gemeinsam genutzte Wohnzimmer verbleibt uns heute zu zweit.
Vor dem Abendessen schauen wir noch bei der „Pharmacie“ vorbei und Julia versucht sich dort gegen einen anstrengenden Kampf mit den Gräserpollen, die hier schon aktiv sind, zu rüsten.

Beim Blick auf die Palme im Nachbarsgarten wir uns bewusst, wie weit südlich wir uns mittlerweile befinden. Wir verspeisen Oliven, Gemüse, Baguette, und trinken einen köstlichen Rotwein.

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