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Etappe 7 - Ybbs an der Donau nach Stift Ardagger

Autorenbild: Simon ExenbergerSimon Exenberger

Nichts hat mich in Wien gehalten - im Gegenteil. Wenn die Fortsetzung dieses Projekts während dem Corona-Shutdown möglich war, dann jetzt erst recht.

Es fühlt sich recht früh aber doch sehr richtig an, als der Zug den Westbahnhof in Wien um 06.20 verlässt. Etwa 75 Minuten später bin ich in Ybbs und nehme wie auch beim letzten Mal den Bus um das Gewerbegebiet zwischen Bahnhof und Stadtkern zu überbrücken. Genau in jenem Ufer-Cafe wo ich am Ende des letzten Abschnitts das Belohnungsbier mit meinem besten Freund und Wegbegleiter getrunken habe wird heute ein Kaffee bestellt. Es ist wirklich gemütlich in der Morgensonne an der Donau zu sitzen, aber um etwa 08.40 geht es schließlich los. Flussaufwärts geht es zunächst zum Kraftwerk Persenbeug (ja, das kennen eifrige Leser bereits) und an dieser Stelle wird nun - wie sich später zeigen wird - der letzte direkte Kontakt zur Donau erfolgen. Am Ufer des Stroms, nahe des Reha-Zentrums der Stadt Wien, ist ein ehemaliges Turbinenrad in seiner vollen Pracht aufgestellt.

Kurz nach dem Wasserkraftwerk führt der Weg über einen recht steilen Hang hinauf und verlässt die Zivilisation nach einzelnen Höfen in einen friedvollen Wald. Nach den (für die Natur) lang ersehnten Regenfällen der letzten Woche muss ich dem tiefen ‚Gatsch‘ teilweise weit ausweichen - der Wald riecht dafür nach feuchtem Moos und frischem Grün.

Alles was blühen kann, blüht nun - es ist wohl die schönste Zeit des Jahres für die Gärtner unter uns. Ich nehme mir die Zeit, auch im ungeordnet Wilden der Natur die leuchtenden Farben so mancher Blüten nicht zu übersehen. Nachdem der Wald verlassen ist, folge ich der selten befahrenen Asphaltstraße zum Hengstberg hinauf. Der Westwind bietet einen kräften Gegendruck - ich ziehe die Weste an um mich nicht zu verkühlen - und schaue ins Mostviertel und das Alpenvorland hinaus. Am Foto kaum zu erkennen ragen hinten bereits die hohen Kanten des Gesäuse und Toten Gebirges mit dem markanten Großen Priel heraus.

Von hier aus geht es bergab, bergauf durch bäuerliche Landschaft - unaufgeregt und reizvoll. Die ersten Schnapsbrennerhütten samt dazugehörigen alten Obstgärten sind zu sehen und zufällig coronakonforme Sitzgelegenheiten (rechts im Bild) anzutreffen...

Nach einer kurzen Mittagspause treffe ich zum ersten Mal auf ‚Gleichgesinnte‘. Es ist ein Vater und seine Tochter, die an der Muschel am Rucksack sofort erkennen, warum ich hier wegsuchend durch die Pampa gehe. Er hat keine Orientierungsprobleme: Wie sich im Gespräch etwas später herausstellt, kommt er aus der Gegend und ist diesem Weg bereits bis Bilbao gefolgt, wo er schließlich mit den Massenkaravanen von mehr als 300 Personen nicht wirklich zurecht gekommen ist. An seiner Seite geht seine Tochter, die eigentlich in Namibia hätte sein wollen - eine Weltreise zwischen Studiumsfinish und Arbeitsalltag.. auch das hat die Coronakrise unmöglich gemacht. So finden sie sich hier wieder - bei einer gemeinsamen Passion: der Bewegung in der Natur. Es ist spannend, einem geübten Pilger zuzuhören.

Die beiden gehen ihr Tempo, ich bleibe bei meinem - so trennen sich nach einiger Zeit unsere Wege. Auch das passt so: Jeder geht seinen eigenen Weg, da gibt es kein “richtig“ oder „falsch“...


Die düsteren Wolken, die sich hinter mir aufbauen werden vom Wind weggedrückt und schließlich gehe ich ja auch in die ‚richtige‘ Richtung 😜

Einige Weizenfelder in idealer Südlage färben sich schon langsam gelblich.

Auf einer Anhöhe gelegen passiert die Route den Ort Neustadtl an der Donau - wobei die Donau nicht einmal in Sichtweite ist (Hintergrund ist die historische Ausweichstrecke - man wollte sich den gefährlichen Strömungen des Strudengaus nicht aussetzen und wählte damals oft den Landweg über Neustadtl). Von hier aus sind es etwa 45 Minuten nach Kollmitzberg, einem Ort mit wirklich beeindruckender Aussicht. Die Wallfahrtskirche ist der Hl. Ottilie, die für das Augenlicht zuständig sein soll, geweiht - ihre Lage und die Fernsicht vom umliegenden Friedhof aus ist jedoch das eigentlich überwältigende. Links sieht man den Ötscher, in der Mitte weit hinten den Großen Priel und rechts das Mostviertel, die Donauschlingen und das flach ausufernde Oberösterreich. Die Sonne kommt zum Vorschein und macht die Pause bei Brot, Käse und Oliven absolut perfekt.

Vom Hügel Kollmitzberg ist es nicht mehr allzu weit zum Etappenziel. Die Ortschaft Ardagger Stift liegt in einer leichten Senke und die Stiftskirche hat einen besonderen Flair. Die Krypta ist frei zugänglich und erinnert an längst vergangene Zeiten, die Anbauten der Kirche sind in den Stielen verschiedener Epochen erfolgt und auch der Kreuzgang darf von Besuchern begangen werden. Im Hofinneren desselben stehen die noch älteren Details des Gebäudes.

Ich checke gegenüber im Ghf. Landhaus ein und genieße ein hervorragendes Weißbier. Der Gasthof vermittelt eher den Eindruck eines Landhotels, beherbergt häufig Hochzeitsfeiern und zählt tatsächlich 4 Sterne. Ich fühle mich wie ein Luxuspilger - aber vielleicht passt der Kontrast zum Zelt genau so... 😉

Die morgige Route wird beim Abendessen geplant und die Füße dürfen sich an frischer Luft erholen. Es ist ein Genuss, sich wenig später in ein frisches Bett zu legen..


bis morgen,

simon

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