Nachdem wir die Nacht im Zelt vebracht haben und trotz wenig Geländeprofil immer wieder Richtung Wald geruscht sind wachen wir ungestört in der Nähe von Leiben im südlichsten Waldviertel auf.
Achja: Der erste Akku, der aufgibt, ist jener der GoPro - ich bin froh, vor kurzem ein neues Handy angeschafft zu haben und demnach mit brauchbaren Fotos fortfahren zu können... ;)

Unsere temporäre, aber doch ziemlich professionelle Behausung ist rasch abgebaut - Morgentoilette 'minimal' ist auch schnell erledigt - und schon sind wir am hügeligen Weg durch den Wald ins nächste Dorf. Hier finden wir die charmanteste Ur-Form des regionalen Marketings - eine kleine Holzhütte bei der Busstation (quasi auch der Hauptplatz) des Weilers Losau. Immer wieder heißen die Gassen "Am Jakobsweg"... Ja, das hat offenbar wirklich Geschichte.

Kurz darauf führen uns die bildschönen Wege durch die Ausläufer des Waldviertels - die Charakteristik kenne ich von frühen Familienurlauben: Viel Wald, kleinstrukturierte Landwirtschaft, wenig Leute und nirgends ist es "eben". Ein Streckenabschnitt zum genießen.

Nach diesem Landschaftsgenuss erreichen wir Artstetten - hier liegt im ehemaligen kaiserlichen Schloss aus dem 16. Jahrhundert der Kronfolger Erzherzog Franz Ferdinand begraben. Die atemberaubende Anlage macht einen unwirklichen Eindruck in dieser kleinbäuerlichen Umgebung. Ich hole mir einen Pilgerstempel in der Kirche, wir machen eine kurze Trinkpause und gehen bald Richtung Westen weiter.

Die Landschaft bleibt wie oben beschrieben abwechslungsreich - wir kommen an uralten Obstbäumen und Wiesen vorbei, die nach Heu duften. Das Waldviertel vermittelt das Gefühl, dass die Uhren hier um vieles langsamer ticken.



Um die Mittagszeit umwandern wir den Golfplatz von Maria Taferl und gelangen an den erhaben gelegenen Wallfahrtsort. Die Standln für diverse christliche Devotionalien sind natürlich weiterhin geschlossen, die Kirche offen und ein Terrassencafe erfreulicherweise ebenso. Wir stärken uns bei Kaffee und Kuchen und genießen den Ausblick über das Donautal.

Von hier aus führt der Weg durch den Wald steil bergab und trifft bei Marbach an der Donau wieder auf den Fluss. Die Gärtner in uns schauen bei jeder Gelegenheit über die Zäune und saugen Ideen auf: Die Vielfalt der Natur und die Möglichkeiten sie von Menschenhand zu kombinieren und formen sind zeitlos beeindruckend. Das Wilde und das Geordnete - beides hat seinen Reiz.


Am Ufer der Donau angekommen folgt nun wieder ein eher ungeliebter Teil des Weges. Etwa einenhalb Stunden 'hatschen' wir den asphaltierten Donauradweg flussaufwärts während die Sonne hoch steht. Abermals fällt mir auf, dass mein (Berg)-Schuhwerk für längere Passagen am Asphalt alles andere als ideal geeignet ist: Der Schmerz im linken Knie kehrt zurück. Womöglich sollte ich für solche Abschnitte die Schuhe wechseln oder den harten Untergrund soweit als möglich vermeiden.

Die südliche Schlinge der Donau kürzen wir bei Gottsdorf nach Persenbeug ab - der Name ist durch das Wasserkraftwerk bekannt und liegt gegenüber des Tagesziels Ybbs. Beim Kraftwerk übersetzen wir die Donau wiederum auf das Südufer und gehen die letzten etwa 2 Kilometer flussabwärts ins Stadtzentrum. In einer modernen Donau-Lounge stoßen wir auf den Abschluss des gemeinsamen Abschnitts an, reflektieren Erlebtes und planen unsere Rückreise mit Zug und Bus nach Krems.

Mein Dank gilt meinem besten Freund und Bruder im Geiste Jakob - ich glaube, dass ich mich beim "Wildcampen" alleine zu sehr gefürchtet hätte ;)
Es war mir eine Freude, einen Teil des langen Weges mit dir zu teilen!
Was ich vom zweiten Abschnitt des Weges mitnehme? Auch bei widrigen Umständen lohnt sich der Schritt heraus aus der "Comfort-Zone", hinein ins Ungewisse - vieles ergibt sich dann von selbst und geht leicht von der Hand, wenn man die richtige Begleitung an seiner Seite weiß.
Ich bin motiviert durch den Fortschritt und plane bereits die kommenden Etappen.
bis bald,
simon
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