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Etappe 52 - Saint-Genix-les-Villages nach Charancieu

Autorenbild: Simon ExenbergerSimon Exenberger

Man sollte sich das Schlafen in einem Schloss nicht entgehen lassen, wenn man schon einmal die Möglichkeit dazu hat. Die Übernachtung in diesem Schlosszimmer samt Badezimmer im Turm ist zu einem recht günstigen Preis zu haben und insgesamt empfehlenswert.

Nach dem Ausschlafen und dem „petit dejeuner“ bei Ausblick über das Land ziehen wir uns nochmals ins Zimmer zurück. Mit steigender Anspannung warten wir auf das Zoom Meeting mit den leitenden Flugrettern des ÖAMTC Christophorus 9 Rettungshubschaubers. Um kurz nach 10.30 ist es schließlich soweit: Ich erfahre, dass alle Teilbereiche des langen und aufwendigen Assessments positiv absolviert sind, ich für die Ausbildung am Air Rescue Collage des ÖAMTC nominiert bin und voraussichtlich 2023 mit einem Ausbildungsbeginn rechnen darf. Ein lang mitgetragenes Fragezeichen im Hinterkopf löst sich auf und die Freude ist groß!


Die Startverzögergung gibt ganz automatisch den Fahrplan für heute vor: Es wird eine kürzere Etappe werden.

Im Ort Saint-Genix-sur-Guiers statten wir der Kirche einen Besuch ab - leider gibt es hier keinen Pilgerstempel für uns.

Anschließend führt uns eine Brücke über den Fluss Guiers, dem wir gleich danach stromaufwärts folgen. Auf mehr als 2,5 Kilometern trotten wir unter der brennenden Sonne schnurgerade, am Badesee Lac de Romagnieu vorbei, Richtung Südwesten. Heute fällt mir eine Vielzahl liegengebliebener Hundstrümmerl ungut auf.


Wir queren bald die Autobahn 43 und wandern die kommenden Stunden durch so ländliches Gebiet, dass wir oft lange Zeit keine Menschenseele treffen. Zu Julias Freude sind die Tiere dagegen kontaktfreudig und stoßen sich auch nicht an unserer Fremdsprache.

Bei über 20 Grad Lufttemperatur und kaum einem Windstoß ist es heute ausgesprochen heiß. Nach etwa zwei Stunden lädt die Bank vor dieser Tafel zur Pause und ich nutze die Rast, um die Hosenbeine abzunehmen.

Wir machen uns Gedanken zur Bauweise der Häuser, die so aussehen, als wären sie aus gigantischen Tuffsteinblöcken errichtet. Viele der Häuser stehen an der Grenze zur Baufälligkeit, doch dieses sticht heraus - nicht zuletzt wegen des einladenden Pools.

Unmittelbar nach diesem Beispiel modern-luxuriöser Lebensweise wird der Kontrast zum früheren Alltag bewusst: Auf der Überdachung dieses Waschplatzes am Bach ist der Ablauf des Wäschewaschens anno dazumal dargestellt.

Wir queren eine eingleisige Eisenbahnstrecke und erreichen den Ort Les Abrets. Die Kleinstadt liegt an der Kreuzung wichtiger Transportrouten und ist spürbar stark durchfahren und laut. Apropos Verkehr: Inzwischen ist mir aufgefallen, wie hoch der Anteil an Autos französischer Hersteller (Renault, Citroen, Peugeot) ist. Mindestens jedes zweite Fahrzeug trägt eines dieser Markenemblems.

Ein Blick auf die Uhr und die Tatsache, dass unser „Gite“ (Herberge, Unterkunft) erst ab 17 Uhr beziehbar ist, wecken den Plan, den Zoo in Les Abrets zu besuchen. Wir besorgen hervorragende Mehlspeisen in einer Patisserie nahe der verschlossenen Kirche und gehen die 1,5 Kilometer zum Zoo. Dankenswerter Weise dürfen wir unsere Rucksäcke bei der Kasse stehen lassen. Die Erwartung eines erweiterten Streichelzoos bestätigt sich ganz und gar nicht: Neben einer Vielzahl von Eulen (ich persönlich finde es sehr verwerflich insbesondere Vögel einzusperren) sehen wir hier vor allem alle möglichen Arten von Wild- bis Großkatzen. Luchse, Pumas, Löwen - sogar weiße Tiger und Geparden bekommen wir aus nächster Nähe zu sehen.

Die tierliebe Julia nennt es einen „schmalen Grat“ und ein „zweischneidiges Schwert“: Tiere zur menschlichen Belustigung einzusperren ist moralisch schwer zu argumentieren, andererseits sind Zoos auch Hilfseinrichtungen die sich um verletzte, auf Irrwegen verloren gegangene oder auch vom aussterben bedrohte Tiere einsetzen. Letztlich geht es um den Umgang des Menschen mit seiner Umwelt, mit unserem Planeten. Die Art des Umgangs mit den Tieren gibt dabei oft ein beispielhaft trauriges Sittenbild ab.


Wir wollen die kleine verfügbare Kochnische der Herberge heute nutzen um nochmals ein Käsefondue zu essen und beschaffen in einem Supermarkt Käse und Proviant für morgen. Auch ein Rotwein der Region darf noch einmal verkostet werden. Mit dem Baguette am Rücken durchs Land: So sieht pilgern in Frankreich aus!

Ein weiteres kulinarisches Detail: Tagsüber hatten wir Zeit, einige Edelkastanien zu sammeln, die wir nach kurzer Internetrecherche in der Microwelle zubereiten. Das Ergebnis hat gut geschmeckt!


Morgen steht der letzte Tag dieses Wegabschnitts bevor und ich bin etwas wehmütig, so sehr ich mich auch wieder auf „zu Hause“ und Wien freue. Ich habe das Gefühl, schon sehr sehr lang unterwegs zu sein und werde auf der langen Zugfahrt nochmals Zeit zum reflektieren haben.


bis dahin, bonne nuit!







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1 Comment


Hermann Exenberger
Hermann Exenberger
Oct 19, 2021

Lieber Simon,

ich lese auch mit großer Freude, dass Du alle Bereiche der Aufnahmeprüfung bestanden hast und zur Ausbildung aufgenommen wurdest.

Meinen herzlichsten Glückwunsch. Ich denke, Du kannst mit Recht darauf stolz sein, denn wie ich lese waren die Aufnahmebedingungen sehr streng.

Ich freue mich wirklich mit D i r !, dass auch die Anstrengungen, Dein Können und dein Fleiß bisher Anerkennung gefunden haben. Mit jeder weiteren Qualifizierung legst Du den Grundstein Richtung Erfolg, der wenn ich dich richtige einschätzte einfach in ein LEBENSLANGES LERNEN übergeht.

Liebe Grüße

dein Opa


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