Nach einer recht erholsamen Nacht beginnt der Tag eher dürftig. Ein Freund des „Dorferwirt“ werde ich wohl nicht mehr: 07:30 wäre ein Frühstück ausgemacht gewesen - um 07:40 war ich alleine im Haus und verlasse die Unterkunft. Der Supermarkt gegenüber kann auch nicht überzeugen, da er keine Sonnencreme anbietet. Ich hole mir einen Vitaminmix und schaue lieber nach vorne.

Schon zeitig in der Früh brennt die Sonne auf meiner gereizten Haut und beschleunigt meinen Schritt. Nach einer guten halben Stunde taucht der Stiftskomplex von Stams zwischen den Feldern auf. Die Anlage der Zisterziensermönche liegt vor einer beeindruckenden Kulisse. Ich gehe durch die Anlage und staune; sehr schade, dass eine Übernachtung hier nicht möglich war.



Gerne hätte ich zudem in der Orangerie einen Kaffee getrunken, doch sie ist geschlossen. Ich nehme mir vor, hierher zurückzukommen und statte dem Klosterladen einen Besuch ab, was mir eine köstliche Nussschnecke und Postkarten beschert.
Ich passiere nach der Vormittagsjause das Stiftsgymnasium und das Schigymnasium Stams, die Talenteschmiede des ÖSV und finde endlich einen Supermarkt, der Sonnenschutz anbietet. Kurz darauf verliere ich den Weg und mache einige Meter extra bevor ich den reißenden Inn bei Mötz übersetze. In der Ortschaft treffe ich auf ‚Hansi‘ der gerade stolz eine glimmende Zigarette in einem Mistkübel gelöscht hat. Wir haben ein kurzes Gespräch und lachen.

Unter der zunehmend kraftvollen Sonne geht es langsam aber stetig aufwärts bis der Nadelwald den Blick auf die Mieminger Kette im Norden freigibt.

Ich komme bei der gut erhaltenen Burg Klamm vorbei, die in Privatbesitz steht und daher nicht zu besichtigen ist. Inzwischen ist es wieder sehr warm geworden und die Schafe suchen den Schatten wie ich.

Nach der Burg folgt ein Wegabschnitt vor Obsteig, der durch einen wunderbaren Wald samt Bach führt. Ich freue mich zu sehen, dass sich die Natur hier nach Belieben entwickeln darf.


Im Ortsteil Oberstrass erinnern mich die Kirchenglocken an eine Pause und ich setze mich für eine Portion Pommes und Apfelsaft gespritzt bei „Wurscht und Durscht“ nieder. Die roten Schirme lassen die Wanderkarte vor mir glühen.

Nach einem Fohrenwald erreiche ich den geschlossenen Gasthof Arzksten, wo ich eine schon angekündigte Routenentscheidung zu treffen habe. Der Weg übers Tal durch Nassereith, das Schoss Fernsteinsee und den Fernpass ist länger aber einfacher. Die Option über die Marienbergalm und das Marienbergjoch beschert mir etwa 700 Höhenmeter mehr, birgt aber die Chance auf einen Weitblick in die Zugspitzarena. Während mein Körper kleinlaute Bedenken anmeldet, hat sich mein Kopf entschieden: Ich will unbedingt hinauf! Einen Trott finden, Hart bleiben und Durchbeissen - die angeschriebenen 2 Stunden fordern mich lediglich heraus, kürzer zu brauchen. Eine Stunde später erreiche ich die Marienbergalm und denke bei dem Namen an meine liebe, leider schon von uns gegangene Oma, die ich auf dieser Reise auch im Herzen mittrage.

Die häufigen Bilder von Lokalpausen sind übrigens nicht einer aufgekommenen Faulheit zuzurechnen sondern einerseits der Notwendigkeit, viel zu Trinken und andererseits der Freude darüber, sich endlich wieder in der Gastronomie bewirten lassen zu können. Kurz darauf feiere ich mit meinen Freunden, den Schafen einen kleinen „Gipfelsieg“ auf 1789hm.

Beim Abstieg habe ich mich statt der Forststraße durch das Schigebiet für den „Jubiläumsweg“ entschieden. Bei dem Namen hätte ich mir eine familientaugliche Wanderstrecke vorgestellt - zu meiner Überraschung artet die Angelegenheit in einen einigermaßen alpinen Steig aus. Das vorsichtige Steigen reduziert die durchschnittliche Geschwindigkeit des Vorankommens deutlich.


Bevor es nun wirklich bergab geht, nehme ich noch den Seitengipfel „Schachtkopf“ mit und bin von dem Panorama der Zugspitzarena überwältigt: Hinter mir der Grünstein, der Ehrwalder Sonnenspitz, recht das Zugspitzmassiv und Daniel sowie Gartner Wand gegenüber schaffen eine einzigartige Kulisse.

Der Abstieg über den Knappensteig führt mich an alten Bergwerken vorbei. Ich lese die Informationstafeln und versuche mir vorzustellen, welche unglaubliche Arbeit es gewesen sein muss mit den damaligen Mitteln Erze auf 1500hm zu gewinnen und ins Tal zu bringen. Kein Witz: das folgende Foto zeigt eine damalige Bahntrasse (!)

Ich halte kurz Pause, suche eine Unterkunft für die Nacht und durchwandere dann den Ort Biberwier. Die Landschaft zwischen Ehrwald, Lermoos und Biberwier fühlt sich an wie eine Hochebene und liegt auf etwa 1000hm. Während ich den Moosweg nördlich nehme, wird mir klar, dass es sich um eine Art Hochmoor handelt (was nun auch den Namen Lermoos erklärt). Es ist eine besondere Region, die zwar wintertouristisch unübersehbar erschlossen und ausgebaut ist, jetzt im Sommer aber eine gewisse Ruhe bewahrt.

Während ein Paragleiter in der Nähe von Lermoos eine Landung bei kräftigen Wind hinlegt atme ich den Duft des trocknenden Heus ein und bin froh, am Tagesziel anzukommen. Nach dem Check-In im Hotel mustere ich die verbrannte Haut auf Armen und Beinen, muss mich aber für die solide Leistung meines Körpers an diesem weiteren sehr intensiven Tag mit 1300 Höhenmetern bedanken.

Aus beinahe jedem Winkel im Hotel lässt sich die Zugspitze bewundern. Ich genieße heute wieder hervorragende Gastronomie und werde glücklich über den tollen Tag einschlafen.
bis morgen,
simon
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