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Etappe 93 - Logroño nach Azofra

Autorenbild: Simon ExenbergerSimon Exenberger

Eine wirklich tief durchgeschlafene Nacht ist uns auf diesem gemeinsamen Abschnitt nur selten gegönnt. Gestern Abend ist es eine Straßenlaterne, die direkt vor unserem sonst komfortablen Zimmer installiert ist, und außerdem der Umstand, dass Logronos Nachtleben vor dem heutigen Feiertag durchaus belebt und laut war.


Das Frühstück im Hotel ist erst ab 8 Uhr 30 und außerdem überteuert zu haben, weswegen wir nach ein paar kleinen Snacks direkt um 8 Uhr mit dem Pilgertag beginnen. In den Gassen Logronos ist es sehr ruhig und nach dem frühmorgendlichen Regen nass. Es ist ziemlich kühl und dazu windig, weshalb ich bald die Regenjacke als Windstopper über die Weste anziehe. Ein ganz essentieller Ausrüstungsgegenstand ist weiters eine dünne Haube. Ein, von der Stadt eigens kreiertes Logo weist den Weg durch die Straßen.

Am Stadtrand führt der Weg durch einen parkartigen Abschnitt, in dem einige Läufer und Spaziergänger mit ihren Hunden unterwegs sind. Wir sprechen über Listenhunde und das Halten von Hunden generell - ein interessantes Thema im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Verantwortung. Meine Meinung zum anlassgebenden Fall aus Oberösterreich ist ziemlich vehement. Für alle Zeiten ausgeschlossen, dass so jemand je wieder einen Hund halten darf!


Zurück in die Vorstadt und zu den Laufstrecken: Man hat sich Mühe gegeben, den Bereich ansehnlich zu machen, letztlich bleibt die Vorstadt eine Gegend der „Überbrückung“ für die Wegführung.

Am Ende einer langen Allee erreichen wir das Naherholungsgebiet von Logrono mit einem großen Spielplatz und dem Stausee Pantano de la Grajera. Wir umrunden den See nördlich und sehen von einer Brücke aus einige Karpfen aus dem Wasser schauen. Offenbar wurden sie reichlich angefüttert. Auf der anderen Seite des Sees hält sich der, Insidern bekannte Hr. Marcelino auf, um in einem Unterstand Pilgerstäbe, Bananen und Saft zu verkaufen. Wie es sich gehört, lassen wir von der „Local Legend“ unseren Pilgerpass abstempeln.

Ein zunächst asphaltierter Güterweg führt zu einer Anhöhe, von der man auf den See und die Stadt Logrono im Hintergrund zurückblickt. Entlang einer vielbefahrenen Straße sind in einem Zaun nun viele Holzkreuze zu sehen, die Pilger vor uns hier eingeflechtet haben.

Hinter der Anhöhe überqueren wir eine Brücke, die ein gigantisches Infrastrukturprojekt überspannt.

Auf der freien Fläche ist der Wind noch beissender und wir sind froh, wieder in den Windschutz von Bäumen und Hecken zu kommen. Als das Dorf Navarrete prominent auf einem Hügel in Sichtweite gerät, passieren wir die konservierten Überreste des ehemaligen Pilgerhospitals San Juan de Acre und die riesigen Werksgebäude des Weinguts „Don Jacobo“.

Ein paar steile Stufen führen uns ins Zentrum der ca. 2.000 Einwohner zählenden Stadt. Das Innere der Ortskirche ist mit schlichten Wänden und einem pompös goldenen Hauptalter ähnlich zu den Gotteshäusern zuvor in Spanien, hier ist mir jedoch mit der Nachtfunktion der Kamera eine bessere Aufnahme gelungen.

Da es heute so windig und kühl ist, verkriechen sich die meisten Pilger für eine Pause im angerenzenden Cafe. Bei Schönwetter dehnt sich die Pause sicherlich gerne etwas länger und auf die Stufen am Hauptplatz aus, doch heute ist es in dem kleinen Cafe ein dichtes Drängeln.


Jakob verspeist noch einen zunächst vergessenen Käsetoast und ich mache mich wieder auf den Weg. Am Ortsausgang von Navarrete liegt der Friedhof, dessen Außenmauer und Eingang die Portale des zuvor erwähnten, verfallenen Pilgerhospitals umfassen.

Die nun folgenden etwa 15 Kilometer ziehen sich auf langen Schotterpisten zunächst der Autobahn entlang und dann durch die Weinberge vor Najera. Bei diesem Rastplatz ist an der Säule abzulesen, dass es bis Santiago „nur“ noch etwas unter 600km sind.

Eine ästhetisch besonders erfreuliche Ausnahme zum Vorankommen auf den Schotterwegen ist die Aussicht von einem lichten Waldstück über die Weinberge hinweg, während im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel des Monte San Lorenzo zu sehen sind. (Leider im Weitwinkel der Kamera nicht zu sehen)

Mit der Stadt Logrono haben wir Navarra verlassen und wandern nun durch das Weinbaugebiet Rioja. Auffallend für uns Hobbygärtner ist die Art der gedrungenen Kultivierung, entweder in Bodennähe ohne Spalier oder wie auf dem Foto unterhalb, jedenfalls aber mit mehrfach entwickelnden Jungtrieben.

Die Vorstadt von Najera zeichnet ein ärmliches Bild mit zersiedelten Häusern zwischen großen Betriebshallen. Den Eindruck, den ich bei der Ankunft in der Kleinstadt gewinne, ist ganz ähnlich.


Najera wurde im Jahr 920 den Mauren entrissen und wurde dann zum Sitz der Könige Navarras. Später wurde es wie auch Logrono und die gesamte Region La Rioja von Kastilien übernommen. Ich nehme von dem historischen Erbe der einst auch bedeutenden Pilgerstadt heute wenig wahr, überschreite die Brücke über den Rio Najerilla und treffe dort meinen vorausgegangen Freund Jakob. Er hat sich in der Zwischenzeit am Flussufer auf der Terrasse einer Bar niedergelassen und dort den Deutschen Michael kennengelernt. Der Moment in der Sonne wird gefeiert und wir bestellen eine kleine Runde Bier.

Das kleine Mittelalterfest in der Ortschaft ändert wenig an unserem Gesamteindruck: Die Stadt hat ihre besten Jahre bereits hinter sich und die ärmliche Seite Spaniens wird hier deutlich spürbar. Eindrücklich ist jedenfalls die rote Felswand, die die Stadt Richtung Westen begrenzt.

Die restlichen etwa 7 Kilometer führen uns durch ausgedehnte Weinberge. Der Wind legt auf der offenen Fläche enorm an Kraft zu und wir lehnen uns gegen die Böhen von vorne. Rundherum gehen bereits gewittrige Schauer nieder, nur über unserem Zielort hält sich noch ein kleines Sonnenfenster. Als die ersten Tropfen fallen erreichen wir das - ehrlicherweise heruntergekommene - Dorf Azofra und navigieren zur einzig anständigen Unterkunft.

Das gepflegte, mit alten Tapeten und Möbeln ausgestattete Hotel bietet leider kein Abendessen an und wir fragen uns, warum das so ist? Der stete und in den letzten Jahren deutlich steigende Pilgerstrom bringt auch einen beträchtlichen Teil zahlungswilliger und - fähiger Kunden mit sich. Das Angebot für mittel- bis höherklassige Hotels und Restaurants ist insgesamt überschaubar. Aus diesem Grund nutzen wir den Abend auch, um für die kommenden Nächte vorzusorgen und ergattern für übermorgen eines der letzten Betten (in einem geteilten Schlafraum…).

Zumindest ist das Abendessen im einzigen Lokal des Ortes frisch gekocht und auch die Gastgeber sind sehr freundlich. Den übrigen Abend versüßt uns eine Flasche Rotwein aus der Region.


Gute Nacht!


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