Gestern war ich vor dem Abendessen um 8 Uhr mit dem Schreiben des Blogs fertig, danach sollte uns die Nacht aber noch große Probleme bereiten. Bei einem eigentlich recht heiteren Abendessen im „Wohnzimmer“ der Pension saß ich gemeinsam mit einigen weiteren Pilgern, 3 Deutsche und 5 Amerikaner. Es entwickelte sich ein reger Austausch über die Motive des Pilgerns und die letzten beiden Etappen, während uns die ausschließlich Spanisch sprechende Mutter des Hauses Hausmannskost servierte. Als Helmuth beginnen wollte, darüber zu sprechen, welche Auswirkungen die amerikanische Wahl auf Europa haben würde, entschuldigte ich mich mit dem Hinweis, dass ich nicht schlecht träumen wolle.
Nach einem Telefonat in die Heimat kam ich zu Jakob ins Zimmer zurück. Er hatte das Essen ausgelassen und berichtete mir nun, dass er sich zwischenzeitlich übergeben musste. Wir überlegten, woher das Problem gekommen war und hofften, dass ein Thunfischsandwich der windschiefen Bar und nicht ein mühsamer Magen-Darm-Virus der Schuldige sein würde. Eine angespannte und nicht erholsame Nacht war die Folge.
Heute bleiben wir bis etwa 8 Uhr im Bett liegen - die Nacht war denkbar anstrengend. Ein Stück Zitronenkuchen und ein paar Scheiben Toast später starten wir den heutigen Marsch; heilfroh, dass heute nur etwa 15 km Strecke vor uns liegen.

Schwere Wolken bedecken den Himmel und ein lebhafter Wind bläst uns entgegen. Der Weg biegt in ein Waldstück ein und folgt einige Zeit lang dem Rio Arga. Hier ist es windgeschützt und angenehm zu gehen.

Nach etwa einer Stunde passieren wir ein kleines Dorf mit einem gut gefüllten Pilgercafe, gehen daran aber vorüber. Es beginnt zu tröpfeln und langsam mehr und mehr zu regnen. Trotz des kühlen Wetters zwinge ich mich nach den Erfahrungen des gestrigen Tages regelmäßig zu trinken.

In einem moderaten Auf und Ab kommen wir der Stadt Pamplona langsam näher. Nach zwei langen Etappen hätten wir erwartet, dass sich die 15 Kilometer heute etwas kürzer anfühlen. Bevor die etwa 170.000 Einwohner zählende Stadt hinter einem Hügel in Sichtweite kommt, wandern wir an den Verkehrsachsen und Industriebereichen vorbei, die man im Umfeld einer größeren Stadt findet. Erfreulich jedenfalls, dass am Horizont ein blauer Himmel zu sehen ist!

Wir überschreiten eine mittelalterliche Brücke über den Fluss Ulzama und gelangen so ins Stadtgebiet. Im Wegführer lese ich bei einer kurzen Trinkpause, dass es sich zunächst um die Vorstädte Villava und Burlada handelt. Wir folgen einer langen geraden Straße und nehmen viele Eindrücke der Stadt wahr: Verschiedenste Gerüche, teils hektisches Treiben am Gehsteig und mir fällt auf, dass es kaum große Supermärkte, dafür aber viele kleine Geschäfte gibt.

Spontan wollen wir durch einen einladenden Park spazieren und lassen uns dann an einem Sonnenplatz bei einem Cafe nieder. Die Sonne wärmt und fühlt sich sehr gut auf der Haut an.

Die restlichen Meter bis zum eigentlichen Stadtkern Pamplonas ziehen sich durch wenig ansehnliche Straßen. Eine Ausnahme zwischen teils unbewohnbar wirkenden Blöcken machen diese zwei, mit Muscheln verzierten Wohnhäuser.

Die Magdalenabrücke über den Fluss Arga bringt uns zum Fuß der Stadtmauern. Die alten Verteidigungsanlagen haben eine gewaltige Dimension.


Es ist ein besonderes Gefühl, eine Stadt durch ein historisches Tor, das Portal de Francia, zu betreten. Unter zuziehenden schwarzen Wolken betreten wir die geschäftigen Gassen der Stadt. Als erstes fällt uns auf, wie viele Bars es hier gibt - und wie gut diese bereits besucht sind.

Wir checken im Hotel Pamplona Catedral ein und können wenig später bereits das Zimmer beziehen. Der Zeitpunkt unserer Ankunft hätte besser nicht fallen können: Sobald wir ins Zimmer kommen und einen Blick aus dem Fenster machen, bricht ein dröhnendes Hagelgewitter nieder. Das Fenster bleibt geöffnet und wir genießen den stimmungsvollen Ausblick, der mit keinem Foto festzuhalten ist.

PS: Unabsichtlich habe ich die Aufzeichnung der Uhr heute etwas zu früh beendet, daher fehlen hier noch ca. 2,5km bis ins Zentrum von Pamplona.

Nachdem wir uns geduscht und kurz herrlich ausgeruht haben, wollen wir uns die Stadt nocheinmal genauer anschauen und verlassen bei inzwischen wieder strahlendem Sonnenschein das Hotel.

Einem Tipp des Rezeptionisten folgend finden wir die Tapasbar El Gaucho und dort sogar einen Tisch in der Sonne. Der Wanderführer informiert, dass die, in ganz Spanien beliebten, kleinen Speisen hier „Pintxos“ heißen. Der Name kommt vom Wort „tapar“ was soviel heißt wie „abdecken“. Früher seien die kleinen Häppchen nämlich auf den Bierdeckeln, mit denen die Getränke abgedeckt waren, mitserviert worden.
Wir kosten uns durch eine kleine Auswahl und genießen diese kulinarische Tradition. Während wir hier sitzen, hören wir die Gespräche des Nebentisches, an dem sich eine Gruppe junger SpanierInnen versammelt hat. Gleichzeitig und unisono fällt uns auf, dass die Sprache schnell und temperamentvoll, aber auch laut und etwas hektisch wirkt. Natürlich ist es schade, dass wir hier so gar nichts verstehen…

Vor einem weiteren donnernden Hagelgewitter flüchten wir uns in das Innere der Catedral de Pamplona. Die gotische Kathedrale stammt aus dem 14. Jahrhundert und beherbergt in der Mitte die Alabastersärge von König Karl III. von Navarra und seiner Gemahlin Leonor.

Der Altarbereich samt Chorgestühl ist wie in Kirchen dieser Zeit üblich mit sehr hohen Gittern versperrt. Imposante Seitenaltäre umgeben den Hauptaltar und ich frage mich, wie in diese Ecken der Kirche früher überhaupt irgendein Licht gedrungen sei. Ohne elektrische Beleuchtung wäre es hier sehr finster.


Der, für Pilger ermäßigte Eintritt beinhaltet den Zugang zum Kreuzgang, den Klosterinnenhöfen und einem sehr aufwändig gestalteten Museumsbereich. Ein Besuch ist äußerst empfehlenswert!



In einem der Räume stehen wir auf einer Brücke über den (noch weiterhin laufenden) Ausgrabungen und Grundmauern des Sakralbaus der ersten römischen Siedlung (etwa 300 nach Christus). Die Gründung der Stadt wird mit Pompeius sogar vor Chr. datiert. Es ist schwer zu fassen, wie alt dieses Gemäuer ist.

Direkt hinter der Kathedrale liegt die Stadtmauer und wir entscheiden uns, entlang der gewaltigen Mauern einen Spaziergang zu machen. Bei einem Vorsprung wird ein schöner Blick auf das Umland frei.
Pamplona ist eine schöne Stadt, mit großen Plätzen, bunt-verspielten Häuserfassaden, mit dem Flair einer Stadtmauer und heute vor allem mit einem lebendigen Abendleben, vollen Bars und Musikkapellen auf den Straßen.

Nach einer ausgedehnten Runde durch die Stadt, die selbst wieder eine handvoll Kilometer gemessen haben dürfte, decken wir uns bei einem kleinen Supermarkt mit Proviant für den nächsten Tag ein und gehen dann zum Hotel, wo wir früh schlafen und heute endlich gut regenerieren wollen. Das wird auch notwendig sein, wartet morgen doch ein besonders langer Tag auf uns…
Wie für Kinder heißt es heute gegen 21.30 für uns: Buenas Noches!
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