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Etappe 28 - Höchst nach Rorschach (AUT - CH)

Autorenbild: Simon ExenbergerSimon Exenberger

Aktualisiert: 24. Juni 2021


Das Quartier trägt keine Schuld daran, dass ich müde aufwache und noch eine halbe Stunde weiterschlafe. Als ich dann aus dem Bett steige, verspüre ich einen brennenden Schmerz im rechten Fuß und habe kein besonders gutes Gefühl für den Tag.


Das Equipment ist wie immer vorbereitet und schnell gepackt, ich überprüfe beim Frühstück nochmals die Einreisebestimmungen für die Schweiz und danach geht es los. Zunächst folge ich dem Flusslauf des alten Rhein und wandere durch beneidenswert schöne Gemüsegärten. Ein kleines Naturschutzgebiet hat man um den alten Flussverlauf des Rhein (bis zur Regulierung und Umleitung Anfang des 20. Jahrhunderts) gezogen.

Bei Gaißau ist es schließlich soweit: Die letzten Kilometer auf österreichischem Boden liegen hinter und das Land der Schweizer Eidgenossen liegt vor mir. Die 28 Tage am österreichischen Jakobsweg, den ich nach eigenen Bedürfnissen und Geschmack zum Teil deutlich abgeändert habe, waren lehrreich, herausfordernd und ein Hochgenuss zugleich. Nachdem das Vorankommen zu Fuß in einem sehr beschaulichen Tempo vonstatten geht, ist das Überschreiten einer Staatsgrenze alles andere als ein beiläufiger Akt. Ich bin ziemlich aufgeregt!

Das Land der Eidgenossen empfängt mich, wie ich es erwartet habe. Beim Spazieren durch die Ortschaft Rheineck bewundere ich alte Fachwerksfassaden und kristallklare Brunnenbecken, nationalstolze Fahnen, teure Autos und noch teurere Liegenschaften entlang des Baches. Noch vor wenigen Minuten war ein „Grüezi“ deplaziert, nun werde ich bei einem „Servus“ schief angeschaut. Meine Grußformel ist rasch angepasst, auch wenn sich das Aussprechen noch etwas eckig anfühlt.

Bei Thal tut sich nördlich eine Geländekante auf, an der Weinbau betrieben wird - ein Landschaftsbild, das nach den Alpenetappen ungewohnt erscheint. Diesen „steinigen Tisch“ steige ich hoch und erhasche bei Buechstig die ersten Blicke auf den Bodensee. Die Hänge in Seenähe sind nachvollziehbarer Weise äußerst beliebte Wohnlagen.


Gerade beim Abstieg entwickelt sich ein zunehmend größer werdendes gesundheitliches Problem, eine Kettenreaktion: Die Blase erzeugt Schmerzen und führt zu einer unbewussten Schonhaltung, die das Gangmuster beeinflusst. Die Veränderung der Haltung führt mit der Zeit zu Folgeschmerzen im Bewegungsapparat und die bekomme ich nun zu spüren. Wo nun jeder Schritt schmerzhaft ist, schaue ich auf die Uhr und entscheide mich, das geplante Etappenziel in St. Gallen aufzugeben.


Ich begebe mich zur Uferpromenade und folge ihr langsam bis zum Ortskern und Hafen von Rorschach.

Dort setze ich mich müde unter große Bäume, wechsle das verschwitzte Shirt und plane meine Heimreise. Während ich noch beschäftigt bin, beobachte ich das Hafentreiben und komme auf die Idee, zunächst ein Schiff an das andere Seeufer zu nehmen. Der Fahrplan fügt sich glücklich in meinen Plan und eine halbe Stunde später schiffe ich mich auf die „Konstanz“ Richtung Lindau ein.

Die 50-minütige Fahrt ist angenehm und gibt mir Zeit, die letzten Tage zu reflektieren. Sie waren geprägt von hohen Temperaturen und langen Tagen, wunderschönen Alpentälern und erfrischenden Seen, von einer tollen Pause und ganz lieben Freunden. Hinter mir liegen 28 Tagesetappen quer durch mein fantastisches Heimatland, von dem ich wieder viel Neues und Schönes sehen und kennenlernen durfte.

Ich verabschiede mich mit einem Bild aus dem gut gefüllten Hafen von Lindau, steige in den Regionalzug und nach einem Schienenersatzverkehr ins Ötztal in den Railjet nach Wien.


Ich wünsche einen fröhlichen Sommer und viele Erlebnisse nach den letzten schwierigen Monaten!


Bleibt gesund, bis hoffentlich bald ;)


38 Ansichten1 Kommentar

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1 Comment


Hermann Exenberger
Hermann Exenberger
Jun 28, 2021

Lieber Simon,

dankschön für die lieben Kartengrüße v. weltberühmten barocken Hochaltar aus der Stiftkirche in Stams.

Etappe 28 Ich bin ziemlich aufgeregt eine Staatsgrenze zu überschreiten....

Ja, so ein Erlebnis hat man eben nur wenn man " per pedes" unterwegs ist.

Der Weg ist das Ziel

" Der Weg ist das Ziel" Wie oft habe ich diesen Spruch schon gehört! Jetzt wo ich beim Lesen der diversen Etappen darüber noch mehr nachdenke und auf mich umlege heißt dies für mich: Bewegung, Veränderung, Entwicklung, manchmal sogar Fortschritt.

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